Der Ritus und die Spiritualität (Geistigkeit)
Die Kirche ähnelt dem Leib Christi, der viele verschiedene Glieder hat, von denen jeder notwendig und unersetzbar ist. In der Katholischen Kirche existieren viele Riten: der armenische, byzantinische, äthiopische, chalkedonische, koptische, lateinische, maronitische, syrisch-antiochische Ritus. Der Ritus ist ein geistiger Weg; Form einer bestimmten Kirchengemeinschaft, wie sie lebt, mit Gott und zu Gott geht. Es ist "eine Sprache", mit der die Kirchengemeinschaft ihr Verhältnis zu Gott ausdrückt. "Ein Ritus", so Professor R. Taft SJ, "ist nicht nur die Liturgik, sondern eher eine komplexe Tradition, eine einmalige Form, mit welcher die Gemeinschaft der Gläubigen ihn aufnimmt. Darüber hinaus schließt er die kanonische Disziplin, das Mönchtum, die Kunst, die Architektur und die geistliche Musik mit ein." Der Ritus ist gleichzeitig ein Geschenk, mit dem die lokale Gemeinschaft der ganzen Kirche dient. Auch die Griechisch-katholische Kirche in der Slowakei nimmt ihre byzantinische (kyrillo-methodische) Tradition und Spiritualität als Bereicherung der ganzen christlichen Gemeinschaft wahr. Griechisch-katholisch zu sein bedeutet eine persönliche Berufung - zu erhalten und überliefern dieses Charisma. Die Spiritualität hängt mit dem Ritus eng zusammen. Es ist eine Form geistlichen Lebens, eine Art Erkenntnis und der Aufnahme der geistlichen Realität. Man könnte sagen, die Geistigkeit ist das Leben des Menschen mit Gott und in Gott. Es hängt von der Mentalität und Kultur des jeweiligen Volkes ab. Wir versuchen, die markantesten Unterschiede zwischen der byzantinischen und der lateinischen Liturgie kurz zusammenfassen. Die grundlegenden Abweichungen sind: verheiratete Priester (keine Zölibatpflicht), bedeutend längere Messen, bei denen alles gesungen wird und bei dem sich manches wiederholt; strengere Fastenzeiten, häufige Bekreuzigungen und Verbeugungen. Die Ostchristen haben im allgemeinen eine andere Anschauung des Menschen bezüglich seines Körpers, seiner Seele und seines Geistes. Die Westchristen betrachten manchmal den menschlichen Körper als etwas Belastendes oder sogar Unreines. Die Ostchristen bemühen sich den ganzen Menschen in das geistliche Leben bzw. in das Gebet einzubinden. So wie der Körper am Gebet der Seele teilnimmt, so betet die Seele in dem Körper. Aus diesen Gründen resultiert das häufige Bekreuzigen, Verbeugen sowie das strenge Fasten. An der Buße nimmt der ganze Mensch teil. Ziel des Fastens ist die Einkehr, Genesung und Wandlung (Vergöttlichung) des ganzen Menschen - auch des Körpers. Der Gottesdienst wirkt wesentlich mehr auf die Sinne: Der Blick auf die Ikonen und die reiche Dekorationen des Gotteshauses; auf das Gehör durch den Klang des Gesanges; auf den Geruchssinn durch den Duft des Weihrauches und der Duftkerzen; auf das Berühren durch Küssen der Ikonen und Reliquien; auf den Geschmackssinn durch die heilige Kommunion, die grundsätzlich in beiden Formen ("sub utraque Species") verabreicht wird. Nach Überlieferung der urchristlichen Form der Feier der Liebe (Agapé) wird manchmal am Ende des Gottesdienstes geweihtes Brot und Obst verteilt. Ziel dieser Wirkung auf die Sinne ist die Begegnung und das Erlebnis mit Gott, das weniger aus Worten und Überzeugungen (als in der westlichen Liturgie) besteht; es ist viel mehr die Angelegenheit des Herzens. Es bedeutet jedoch nicht, daß dieses Erlebnis nur eine Sinnesempfindung ist. Man kann sagen, es ist analogisch zu den Sakramenten. Die Sinne sind wie ein Tor, durch die die himmlische Welt auf die Menschen wirkt. Diese Erfahrung ist eine Vorahnung und ein Vorgeschmack des Lebens im Königreich Gottes. Jeder Gottesdienst ist ein Bild des himmlischen Gottesdienstes, aber zugleich eine Teilnahme an ihm. Deshalb ist der Hauptaspekt des Gottesdienstes die Verherrlichung und die Danksagung. Sie äußern sich durch viel Gesang. Die Ostkirche legt großen Wert auf die erhabene Schönheit der Gottesdienste, auf das Schmücken der Kirche (eine große Anzahl von Kerzen, Verwendung von Weihrauch). An den Gottesdiensten wird nicht gespart (vergl. Mk 14, 3-9), da die Schönheit ein Ausdruck Gottes ist und "Christus selbst ist die verkörperte Schönheit" (P. Evdokimov). ![]() Eine zentrale Stellung in der byzantinischen Kirche nimmt die Ikonostasis (Ikonenwand) ein - eine Wand mit Bildern von Heiligen, die den Altar von der Gemeinde trennt. Die Ikonen sind das Wort Gottes, eine bildhafte Darstellung mit Farben auf Holz aufgetragen. Diese Tradition hat eine Ikonensprache (Ikonengraphologie) entwickelt. Die Ikone vergegenwärtigt das Fest oder die Person, die sie darstellt. Wenn wir uns vor der Ikone verbeugen (oder sie küssen), wird nicht das Holz verehrt, sondern die Person, die die Ikone darstellt. Wir können sagen, daß die Ikonen ein Fenster in die himmlische Wirklichkeit sind. Die Ikonenwand ist also kein Hindernis, sondern hilft uns das, was in dem Altarraum geschieht, zu sehen. Sie zeigt uns sichtbar das, was in der Eucharistie unsichtbar vor sich geht. Der byzantinische Ritus kennt keine Statuen, sondern nur die zweidimensionale Darstellung. Einer von den Gründen ist der Einfluß des alten Testamentes, aber besonders die Bemühung, nicht die irdische, sondern die himmlische Realität darzubieten (Eschatton). Die Anwesenheit von Statuen ist der Lateinisierung zuzuschreiben. Das geistliche Leben der
Ostkirche ist stark mit dem Kirchengebet verbunden (Stundengottesdienst). Der
persönlichen Andacht wird keine so große Bedeutung wie in der Westliturgie
beigemessen. Ein Grund dafür ist der Einfluß des Mönchtums. Der Höhepunkt
des geistlichen Lebens ist die göttliche Liturgie (die Heilige Messe). Es
werden drei Formen der Liturgie unterschieden: Die Gläubigen pflegen an Sonntagen gemeinsam den Abendgottesdienst (Esperinos - Vesper) und den Morgengottesdienst (Orthros - Utrena) zu beten. Der Aufbau der langen Gottesdienste zielt weniger auf eindeutiges rationales Verstehen durch die Gläubigen, als daß er ihnen Freiraum läßt für ein individuelles Erleben des Gottesdienstes. Das Ziel ist, mit Gott zu sein und sich mit dem gefeierten Geheimnis zu vereinigen. Charakteristisch ist das Mehrmalige der Gebete, damit die Gläubigen die Wahrheiten tiefer und bewußter erleben können. Das Wiederholen ist typisch auch für das persönliche Gebet, die bekannteste Form ist das Jesusgebet. Das Ziel des christlichen Lebens ist die Vergöttlichung (Theosis) - die vollständige Wandlung des Menschen, sein Anteil an Gottes Wesen, Anteil am Leben der heiligen Dreifaltigkeit, die Vereinigung mit Gott. Beispiel dieser Wandlung ist die Gottesmutter Maria. Sie wird dafür von den Ostchristen besonders geehrt. Durch ihre Fürsprache, Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser.
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